Der Rambo aus Laurein
Die NEUE SÜDTIROLER TAGESZEITUNG über den „Rambo aus Laurein” (2018)
Ein Banküberfall. Die tödlichen Schüsse auf einen Carabiniere. Die Flucht. Und eine wochenlange Verfolgungsjagd. Der spektakuläre Fall des Laureiners Florian Egger wird jetzt in einem Buch erzählt.
Candeloro Zamperini, 34, fährt im Rückwärtsgang in die Parklücke. Dann stellt der Carabinieri- Beamte den Motor ab und zieht den Schlüssel aus dem Zündschloss. Es ist Donnerstag, der 12. Juni 1997. Candeloro Zamperini blickt zu seinem zehnjährigen Sohn Manuel (Name geändert, Anm. d. R.), der auf dem Beifahrersitz hockt und ihn mit den großen und leuchtenden Augen eines Kindes anschaut, das so mächtig stolz ist auf seinen Vater. Und es genießt, ganz allein mit Papi auf Tour zu sein. „Manuel, du wartest hier im Auto, es dauert auch nicht lange.“ Das klappende Geräusch der ins Schloss fallenden Autotür übert.nt die Antwort des Jungen. „Okay, Papi, ich warte hier.“ Es ist Donnerstag, der 12. Juni 1997.
Candeloro Zamperini hat einen Termin in der Bank. In der Sparkassen-Filiale in der Gampenstraße in Untermais herrscht ruhige Betriebsamkeit. Sechs Angestellte und der Filialleiter halten sich in der Bank auf, als Candeloro Zamperini um 15.16 Uhr die Filiale betritt. Filialleiter Walter Egger bittet den Kunden in einen durch eine Glaswand abgetrennten Nebenraum. Die Wanduhr zeigt 15.27 Uhr an, als sich die Ereignisse überstürzen. Just in dem Augenblick, als die Maschine die erste Kopie ausspuckt, hört Filialleiter Walter Egger aus dem Schalterraum eine männliche Stimme, die laut und bedrohlich klingt: „Questa è una rapina! Fuori i soldi!“ Der Filialleiter sieht einen maskierten und bewaffneten Mann, der auf dem Tresen von Schalter 5 steht. Christine Schmid, 35, sitzt am Schalter 5. Sie hat an ihrem Computer gerade einen Überweisungsauftrag bearbeitet und gar nicht mitbekommen, dass der mit einem Damenstrumpf vermummte Mann in die Bank gestürmt war. Erst als der Mann in akzentfreiem Italienisch „Fuori i soldi!“ schreit und auf ihrem Schaltertisch steht, erkennt Christine Schmid den Ernst der Lage und fällt vom Stuhl. Der Mann ist wie aus dem Nichts gekommen und aus dem Stand auf den Schaltertisch gesprungen. Die Bankbeamtin umklammert angstvoll den Drehstuhl und richtet sich mit langsamen Bewegungen wieder auf. Dabei starrt sie mit weit aufgerissenen Augen und offenem Mund den kleingewachsenen, vermummten Mann an, der breitbeinig auf dem Tresen steht.
In einer Hand, der rechten, hält er eine Pistole, in der anderen, der linken, einen weißen Plastiksack. Knappe zwei Minuten dauert der Überfall. Der Täter erbeutet rund 10 Millionen Lire. „Manuel, du wartest hier im Auto, es dauert auch nicht lange“, hatte Candeloro Zamperini zu seinem Sohn gesagt, als er aus dem Auto ausgestiegen ist. Der Junge im Auto hat nichts von dem Überfall mitbekommen. Er bemerkt auch nicht, dass sein Vater den Bankräuber verfolgt. Es fallen zwei Schüsse. Bauarbeiter finden kurz darauf im Vorgarten eines Mehrfamilienhaues in der Gampenstraße den zweifachen Familienvater Candeloro Zamperini, der in einer Blutlache liegt. Der Carabiniere stirbt wenige Minuten später. Dem Todesschützen gelingt die Flucht. In der Folge erlebt Südtirol eine der spektakulärsten Verfolgungsjagden der Kriminalgeschichte. Der 27-jährige Florian Egger, der über die Sehbrille, die am Tatort gefunden wird, identifiziert werden kann, entgeht eine Woche später in Laurein mit einem Sprung über einen steilen Abhang seiner Verhaftung. Ein Großaufgebot an Carabinieri, Staatspolizisten und Beamten der Finanzpolizei fahndet nach dem Bankräuber und mutmaßlichen Mörder Florian Egger. Im entlegenen 350-Seelen-Nest Laurein herrscht der Ausnahmezustand. Das Dorf wird zu einer belagerten Festung. Es werden Hausdurchsuchungen durchgeführt.
Die Verwandten und Bekannten des Flüchtigen werden pausenlos verhört. Die älteren Dorfbewohner fühlen sich in Kriegszeiten oder in die 1960er- Jahre zurückversetzt. Und die Medien machen den flüchtigen Florian Egger zum „Rambo aus Laurein“. „Rambo aus Laurein“ – so lautet auch der Titel des neuen Buches von Artur Oberhofer. Der Chefredakteur der Tageszeitung rekonstruiert diesen Aufsehen erregenden Kriminalfall auf der Grundlage von bislang noch unveröffentlichten Ermittlungs- und Prozessakten. Und zum ersten Mal überhaupt kommt Florian Egger selbst zu Wort. Der inzwischen fast 50-jährige Laureiner sitzt noch immer im Gefängnis. Florian Egger, der in erster Instanz zu 33 Jahren Gefängnis verurteilt worden war, ist nach wie vor davon überzeugt, dass er über Gebühr habe bü.en müssen – auch weil das Opfer ein Carabiniere gewesen ist. Florian Egger hält bis heute an der Unfallthese fest. „Ich habe Candeloro Zamperini nicht töten wollen“, erklärt er gegenüber dem Buchautor Artur Oberhofer. Der Fall Florian Egger ist vielschichtig. Zum einen ist es ein durch und durch politischer Fall. Buchautor Artur Oberhofer sagt: „Der Fall Florian Egger hat im Land Südtirol, wo alles politisch ist – vom Vaterunser bis zum Wetterbericht – unweigerlich auch eine ethnopolitische Dynamik bekommen: Der Mord an einem Carabinieri- Beamten wird auf italienischer Seite als Angriff gegen den Staat interpretiert! Und durch seine Flucht hat Florian Egger die Staatsgewalt auch noch lächerlich gemacht. Der Staat musste zurückschlagen. Er hat zurückgeschlagen. Bei den Hardlinern auf deutschsprachiger Seite sorgte dagegen die brachiale Art und Weise, wie die Sicherheitskräfte vorgehen, für Unbehagen.“ Besonders in den ländlichen Gemeinden des Landes, so Oberhofer, seien viele Menschen von Beginn an davon überzeugt gewesen, dass es den Behörden im Fall Florian Egger weniger darum gehe, die Dynamik im Todesfall Candeloro Zamperini zu rekonstruieren, als vielmehr darum, einen unbedarften Bergler, der den Staat herausgefordert hat, exemplarisch zu bestrafen. Andererseits – so der Autor des Buches „Der Rambo aus Laurein“ – sei dieser schleichende Prozess der Verpolitisierung des Kriminalfalles für Florian Egger fatal gewesen und habe zu einer David-gegen- Goliath-Konstellation geführt.
Der Laureiner habe den Kampf gegen den Staat nicht gewinnen können, so der Buchautor. Artur Oberhofer dokumentiert in seinem Buch den Schwurgerichtsprozess gegen Florian Egger. „Dieser Prozess war geprägt von Paukenschlägen, von spektakulären Zeugenaussagen und von verzweifelt kämpfenden Anwälten, denen es fast gelungen wäre, einen im Grunde aussichtslosen Prozess zu kippen, wäre da nicht der Angeklagte gewesen, der seinen Anwälten das Leben schwer gemacht hat“, so das Resümee des Autors. Der größte Gegner der Anwälte Paolo Fava und Julia Unterberger im Prozess sei der Angeklagte selbst gewesen. Nur ein Beispiel: Florian Egger hat – während der Prozess lief – eine Zeugin massiv bedroht („ … du sollst verrecken wie ein Hund“). Auch rekonstruiert Artur Oberhofer in seinem Buch „Der Rambo aus Laurein“ die Etappen der Flucht und enthüllt erstmals, wer Florian Eggers Helfershelfer waren, mit wem der Laureiner sich während seiner vierwöchigen Flucht getroffen hat – und wo er sich versteckt hielt. Während eine Hundertschaft an Fahndern nach ihm suchte, harrte Florian Egger in einem alten Stadel in Laurein aus – nur wenige hundert Meter vom Dorfzentrum entfernt. „Der Bauer, dem der Stadel gehörte“, so Artur Oberhofer, „hat sich darüber gewundert, dass seine Hennen in jenen Wochen weniger Eier gelegt haben als sonst.“
Artur Oberhofer bettet den facettenreichen Krimi in eine rührende Liebesgeschichte ein. Es ist die Geschichte der jungen Laureinerin Anna U. (Name geändert, Anm. d. R.), Florian Eggers Lebensgefährtin. „Diese junge Frau“, so der Buchautor, „wird praktisch über Nacht aus ihrem fast schon kitschig- romantischen Leben im Bergdorf Laurein herausgerissen und mitten in einen Kriminalfilm hineinkatapultiert.“ Artur Oberhofer zitiert aus bewegenden Liebesbriefen zwischen Florian Egger und Anna U. Eine Kostprobe aus einem Brief des jungen Mannes an seine Verlobte: „Hallo Anna, ich traue mich nicht mehr, dir in die Augen zu schauen. Trotzdem möchte ich, dass du weißt, dass ich dich immer geliebt habe – es auch immer noch tue. Ich war schon vor eurem Küchenfenster und habe dein trauriges Gesicht gesehen. Ich werde von hier verschwinden und wahrscheinlich nicht wiederkommen. Was mein Herz sehr traurig macht, ganz besonders aber, weil ich ohne dich gehen muss. Du aber bist jung und wirst bestimmt einen ordentlichen Burschen finden, der etwas hat und zudem vielleicht auch lieber zu dir ist, als ich es war. Vergessen darfst du mich aber trotzdem nicht. Ich hoffe, dass du mich als Mensch in Erinnerung behältst. In Liebe, mit gebrochenem Herzen …“ Anna U. sagt in einem Interview: „Ich sehe uns als Paar vor einem Priester, der unsere Ehe besiegelt, ich sehe uns als Eltern mit vielen Kindern. Florian ist mein Leben. Wenn man jemanden liebt, dann liebt man. Diese Liebe kann durch nichts und durch niemanden zerstört werden. Wenn er jahrelang im Gefängnis bleiben müsste, werde ich auf ihn warten.“
Artur Oberhofer verrät in seinem Buch, wie diese Liebesgeschichte ausgegangen ist. Auch für eine andere Familie war nach dem 12. Juni 1997 nichts mehr, wie es war – für Maria Teresa Nobile, die Witwe des erschossenen Carabinieri-Beamten, und ihre beiden Kinder. Einfühlsam rekonstruiert der Autor die Leiden einer jungen Mutter, die sich an jenem Nachmittag mit ihrem Kleinsten zu einem Mittagsschläfchen zurückzieht – und dann am Telefon erfährt, dass ihr Mann, der Vater ihrer beiden Kinder, bei einem Banküberfall erschossen worden ist.
Maria Teresa Nobile hat Florian Egger bis heute nicht verziehen. „Dieser Mann hat mir und meinen Kindern das Lachen genommen, ich kann ihm nicht verzeihen, niemals!“ Und Florian Egger? Der „Rambo aus Laurein“ dürfte in fünf bis sechs Jahren wieder ein freier Mann sein. Gegenüber dem Buchautor Artur Oberhofer verrät Egger, wie sein zweites Leben aussehen soll. Und er erklärt: „Nach Südtirol will ich nicht mehr zurückkehren.“
Die großen Kriminalfälle IX
edition AROB
Am 12. Juni 1997 um 15.27 Uhr betritt ein vermummter Mann die Sparkassen-Filiale in der Gampenstraße in Meran. Er springt auf den Banktresen und feuert einen Warnschuss ab.Mit einer Beute von zehn Millionen Lire verlässt der Räuber kurz darauf die Bank.
Ein Carabiniere, der sich zufällig in der Bank aufgehalten hat, nimmt die Verfolgung des Bankräubers auf. Kurz darauf fallen zwei Schüsse.
Candeloro Zamperini liegt im Vorgarten eines Kondominiums in einer Blutlache. Dem Todesschützen gelingt die Flucht. Südtirol erlebt in der Folge eine der spektakulärsten Verfolgungsjagden der Kriminalgeschichte.
Ein Heer an Sicherheitsbeamten fahndet wochenlang nach dem Täter. Der scheint wie vom Erdboden verschluckt.
Für die Medien wird der Flüchtige zum „Rambo aus Laurein“.
Artur Oberhofer rekonstruiert in Band IX aus der Reihe „Die großen Kriminalfälle“ den Fall Florian Egger – und bettet diesen Fall in eine bewegende Liebesgeschichte ein.
Was ist an jenem verhängnisvollen Juni-Tag in Untermais wirklich passiert? Wo hat sich der Bankräuber versteckt? Wer hat ihn „verraten“?
Und: Wie steht Florian Egger heute zu seiner Tat?
ISBN 978-88-88396-19-4
Hardcover – 464 Seiten
Preis Italien: Euro 34,00
Preis Ausland (D-A-CH): Euro 35,00
Der Rambo aus Laurein
Die NEUE SÜDTIROLER TAGESZEITUNG über den „Rambo aus Laurein” (2018)
Ein Banküberfall. Die tödlichen Schüsse auf einen Carabiniere. Die Flucht. Und eine wochenlange Verfolgungsjagd. Der spektakuläre Fall des Laureiners Florian Egger wird jetzt in einem Buch erzählt.
Candeloro Zamperini, 34, fährt im Rückwärtsgang in die Parklücke. Dann stellt der Carabinieri- Beamte den Motor ab und zieht den Schlüssel aus dem Zündschloss. Es ist Donnerstag, der 12. Juni 1997. Candeloro Zamperini blickt zu seinem zehnjährigen Sohn Manuel (Name geändert, Anm. d. R.), der auf dem Beifahrersitz hockt und ihn mit den großen und leuchtenden Augen eines Kindes anschaut, das so mächtig stolz ist auf seinen Vater. Und es genießt, ganz allein mit Papi auf Tour zu sein. „Manuel, du wartest hier im Auto, es dauert auch nicht lange.“ Das klappende Geräusch der ins Schloss fallenden Autotür übert.nt die Antwort des Jungen. „Okay, Papi, ich warte hier.“ Es ist Donnerstag, der 12. Juni 1997.
Candeloro Zamperini hat einen Termin in der Bank. In der Sparkassen-Filiale in der Gampenstraße in Untermais herrscht ruhige Betriebsamkeit. Sechs Angestellte und der Filialleiter halten sich in der Bank auf, als Candeloro Zamperini um 15.16 Uhr die Filiale betritt. Filialleiter Walter Egger bittet den Kunden in einen durch eine Glaswand abgetrennten Nebenraum. Die Wanduhr zeigt 15.27 Uhr an, als sich die Ereignisse überstürzen. Just in dem Augenblick, als die Maschine die erste Kopie ausspuckt, hört Filialleiter Walter Egger aus dem Schalterraum eine männliche Stimme, die laut und bedrohlich klingt: „Questa è una rapina! Fuori i soldi!“ Der Filialleiter sieht einen maskierten und bewaffneten Mann, der auf dem Tresen von Schalter 5 steht. Christine Schmid, 35, sitzt am Schalter 5. Sie hat an ihrem Computer gerade einen Überweisungsauftrag bearbeitet und gar nicht mitbekommen, dass der mit einem Damenstrumpf vermummte Mann in die Bank gestürmt war. Erst als der Mann in akzentfreiem Italienisch „Fuori i soldi!“ schreit und auf ihrem Schaltertisch steht, erkennt Christine Schmid den Ernst der Lage und fällt vom Stuhl. Der Mann ist wie aus dem Nichts gekommen und aus dem Stand auf den Schaltertisch gesprungen. Die Bankbeamtin umklammert angstvoll den Drehstuhl und richtet sich mit langsamen Bewegungen wieder auf. Dabei starrt sie mit weit aufgerissenen Augen und offenem Mund den kleingewachsenen, vermummten Mann an, der breitbeinig auf dem Tresen steht.
In einer Hand, der rechten, hält er eine Pistole, in der anderen, der linken, einen weißen Plastiksack. Knappe zwei Minuten dauert der Überfall. Der Täter erbeutet rund 10 Millionen Lire. „Manuel, du wartest hier im Auto, es dauert auch nicht lange“, hatte Candeloro Zamperini zu seinem Sohn gesagt, als er aus dem Auto ausgestiegen ist. Der Junge im Auto hat nichts von dem Überfall mitbekommen. Er bemerkt auch nicht, dass sein Vater den Bankräuber verfolgt. Es fallen zwei Schüsse. Bauarbeiter finden kurz darauf im Vorgarten eines Mehrfamilienhaues in der Gampenstraße den zweifachen Familienvater Candeloro Zamperini, der in einer Blutlache liegt. Der Carabiniere stirbt wenige Minuten später. Dem Todesschützen gelingt die Flucht. In der Folge erlebt Südtirol eine der spektakulärsten Verfolgungsjagden der Kriminalgeschichte. Der 27-jährige Florian Egger, der über die Sehbrille, die am Tatort gefunden wird, identifiziert werden kann, entgeht eine Woche später in Laurein mit einem Sprung über einen steilen Abhang seiner Verhaftung. Ein Großaufgebot an Carabinieri, Staatspolizisten und Beamten der Finanzpolizei fahndet nach dem Bankräuber und mutmaßlichen Mörder Florian Egger. Im entlegenen 350-Seelen-Nest Laurein herrscht der Ausnahmezustand. Das Dorf wird zu einer belagerten Festung. Es werden Hausdurchsuchungen durchgeführt.
Die Verwandten und Bekannten des Flüchtigen werden pausenlos verhört. Die älteren Dorfbewohner fühlen sich in Kriegszeiten oder in die 1960er- Jahre zurückversetzt. Und die Medien machen den flüchtigen Florian Egger zum „Rambo aus Laurein“. „Rambo aus Laurein“ – so lautet auch der Titel des neuen Buches von Artur Oberhofer. Der Chefredakteur der Tageszeitung rekonstruiert diesen Aufsehen erregenden Kriminalfall auf der Grundlage von bislang noch unveröffentlichten Ermittlungs- und Prozessakten. Und zum ersten Mal überhaupt kommt Florian Egger selbst zu Wort. Der inzwischen fast 50-jährige Laureiner sitzt noch immer im Gefängnis. Florian Egger, der in erster Instanz zu 33 Jahren Gefängnis verurteilt worden war, ist nach wie vor davon überzeugt, dass er über Gebühr habe bü.en müssen – auch weil das Opfer ein Carabiniere gewesen ist. Florian Egger hält bis heute an der Unfallthese fest. „Ich habe Candeloro Zamperini nicht töten wollen“, erklärt er gegenüber dem Buchautor Artur Oberhofer. Der Fall Florian Egger ist vielschichtig. Zum einen ist es ein durch und durch politischer Fall. Buchautor Artur Oberhofer sagt: „Der Fall Florian Egger hat im Land Südtirol, wo alles politisch ist – vom Vaterunser bis zum Wetterbericht – unweigerlich auch eine ethnopolitische Dynamik bekommen: Der Mord an einem Carabinieri- Beamten wird auf italienischer Seite als Angriff gegen den Staat interpretiert! Und durch seine Flucht hat Florian Egger die Staatsgewalt auch noch lächerlich gemacht. Der Staat musste zurückschlagen. Er hat zurückgeschlagen. Bei den Hardlinern auf deutschsprachiger Seite sorgte dagegen die brachiale Art und Weise, wie die Sicherheitskräfte vorgehen, für Unbehagen.“ Besonders in den ländlichen Gemeinden des Landes, so Oberhofer, seien viele Menschen von Beginn an davon überzeugt gewesen, dass es den Behörden im Fall Florian Egger weniger darum gehe, die Dynamik im Todesfall Candeloro Zamperini zu rekonstruieren, als vielmehr darum, einen unbedarften Bergler, der den Staat herausgefordert hat, exemplarisch zu bestrafen. Andererseits – so der Autor des Buches „Der Rambo aus Laurein“ – sei dieser schleichende Prozess der Verpolitisierung des Kriminalfalles für Florian Egger fatal gewesen und habe zu einer David-gegen- Goliath-Konstellation geführt.
Der Laureiner habe den Kampf gegen den Staat nicht gewinnen können, so der Buchautor. Artur Oberhofer dokumentiert in seinem Buch den Schwurgerichtsprozess gegen Florian Egger. „Dieser Prozess war geprägt von Paukenschlägen, von spektakulären Zeugenaussagen und von verzweifelt kämpfenden Anwälten, denen es fast gelungen wäre, einen im Grunde aussichtslosen Prozess zu kippen, wäre da nicht der Angeklagte gewesen, der seinen Anwälten das Leben schwer gemacht hat“, so das Resümee des Autors. Der größte Gegner der Anwälte Paolo Fava und Julia Unterberger im Prozess sei der Angeklagte selbst gewesen. Nur ein Beispiel: Florian Egger hat – während der Prozess lief – eine Zeugin massiv bedroht („ … du sollst verrecken wie ein Hund“). Auch rekonstruiert Artur Oberhofer in seinem Buch „Der Rambo aus Laurein“ die Etappen der Flucht und enthüllt erstmals, wer Florian Eggers Helfershelfer waren, mit wem der Laureiner sich während seiner vierwöchigen Flucht getroffen hat – und wo er sich versteckt hielt. Während eine Hundertschaft an Fahndern nach ihm suchte, harrte Florian Egger in einem alten Stadel in Laurein aus – nur wenige hundert Meter vom Dorfzentrum entfernt. „Der Bauer, dem der Stadel gehörte“, so Artur Oberhofer, „hat sich darüber gewundert, dass seine Hennen in jenen Wochen weniger Eier gelegt haben als sonst.“
Artur Oberhofer bettet den facettenreichen Krimi in eine rührende Liebesgeschichte ein. Es ist die Geschichte der jungen Laureinerin Anna U. (Name geändert, Anm. d. R.), Florian Eggers Lebensgefährtin. „Diese junge Frau“, so der Buchautor, „wird praktisch über Nacht aus ihrem fast schon kitschig- romantischen Leben im Bergdorf Laurein herausgerissen und mitten in einen Kriminalfilm hineinkatapultiert.“ Artur Oberhofer zitiert aus bewegenden Liebesbriefen zwischen Florian Egger und Anna U. Eine Kostprobe aus einem Brief des jungen Mannes an seine Verlobte: „Hallo Anna, ich traue mich nicht mehr, dir in die Augen zu schauen. Trotzdem möchte ich, dass du weißt, dass ich dich immer geliebt habe – es auch immer noch tue. Ich war schon vor eurem Küchenfenster und habe dein trauriges Gesicht gesehen. Ich werde von hier verschwinden und wahrscheinlich nicht wiederkommen. Was mein Herz sehr traurig macht, ganz besonders aber, weil ich ohne dich gehen muss. Du aber bist jung und wirst bestimmt einen ordentlichen Burschen finden, der etwas hat und zudem vielleicht auch lieber zu dir ist, als ich es war. Vergessen darfst du mich aber trotzdem nicht. Ich hoffe, dass du mich als Mensch in Erinnerung behältst. In Liebe, mit gebrochenem Herzen …“ Anna U. sagt in einem Interview: „Ich sehe uns als Paar vor einem Priester, der unsere Ehe besiegelt, ich sehe uns als Eltern mit vielen Kindern. Florian ist mein Leben. Wenn man jemanden liebt, dann liebt man. Diese Liebe kann durch nichts und durch niemanden zerstört werden. Wenn er jahrelang im Gefängnis bleiben müsste, werde ich auf ihn warten.“
Artur Oberhofer verrät in seinem Buch, wie diese Liebesgeschichte ausgegangen ist. Auch für eine andere Familie war nach dem 12. Juni 1997 nichts mehr, wie es war – für Maria Teresa Nobile, die Witwe des erschossenen Carabinieri-Beamten, und ihre beiden Kinder. Einfühlsam rekonstruiert der Autor die Leiden einer jungen Mutter, die sich an jenem Nachmittag mit ihrem Kleinsten zu einem Mittagsschläfchen zurückzieht – und dann am Telefon erfährt, dass ihr Mann, der Vater ihrer beiden Kinder, bei einem Banküberfall erschossen worden ist.
Maria Teresa Nobile hat Florian Egger bis heute nicht verziehen. „Dieser Mann hat mir und meinen Kindern das Lachen genommen, ich kann ihm nicht verzeihen, niemals!“ Und Florian Egger? Der „Rambo aus Laurein“ dürfte in fünf bis sechs Jahren wieder ein freier Mann sein. Gegenüber dem Buchautor Artur Oberhofer verrät Egger, wie sein zweites Leben aussehen soll. Und er erklärt: „Nach Südtirol will ich nicht mehr zurückkehren.“
Die großen Kriminalfälle IX
edition AROB
Am 12. Juni 1997 um 15.27 Uhr betritt ein vermummter Mann die Sparkassen-Filiale in der Gampenstraße in Meran. Er springt auf den Banktresen und feuert einen Warnschuss ab.Mit einer Beute von zehn Millionen Lire verlässt der Räuber kurz darauf die Bank.
Ein Carabiniere, der sich zufällig in der Bank aufgehalten hat, nimmt die Verfolgung des Bankräubers auf. Kurz darauf fallen zwei Schüsse.
Candeloro Zamperini liegt im Vorgarten eines Kondominiums in einer Blutlache. Dem Todesschützen gelingt die Flucht. Südtirol erlebt in der Folge eine der spektakulärsten Verfolgungsjagden der Kriminalgeschichte.
Ein Heer an Sicherheitsbeamten fahndet wochenlang nach dem Täter. Der scheint wie vom Erdboden verschluckt.
Für die Medien wird der Flüchtige zum „Rambo aus Laurein“.
Artur Oberhofer rekonstruiert in Band IX aus der Reihe „Die großen Kriminalfälle“ den Fall Florian Egger – und bettet diesen Fall in eine bewegende Liebesgeschichte ein.
Was ist an jenem verhängnisvollen Juni-Tag in Untermais wirklich passiert? Wo hat sich der Bankräuber versteckt? Wer hat ihn „verraten“?
Und: Wie steht Florian Egger heute zu seiner Tat?
ISBN 978-88-88396-19-4
Hardcover – 464 Seiten
Preis Italien: Euro 34,00
Preis Ausland (D-A-CH): Euro 35,00
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