Interview mit Artur Oberhofer
Keiner erzählt leidenschaftlicher vom Bösen als der Journalist und Buchautor Artur Oberhofer. Was die vielen Südtiroler Morde der Vergangenheit über Land und Leute aussagen, erklärt er im Gespräch mit dem Wochenmagazin „ff“.
Es ist erstaunlich. Trotz Kriegen und Krisen herrscht in Buchläden und Fernsehen das große Morden. Jede Stadt, jede Region hat mittlerweile ihren eigenen Krimi und auch Fernsehkommissar. Warum ist das so? Wir wollen über Morde reden – allerdings über jene, die es tatsächlich gegeben hat in unserem Land. Mit einem Mann, der sich seit Jahren damit beschäf- tigt. Vor Kurzem ist sein siebter Band über „Südti- rols große Kriminalfälle“ erschienen. Wir treffen uns mit Artur Oberhofer im Laurin-Café in Bozen. Der Lärmpegel ist hoch, Oberhofer nimmt kurzerhand das kleine Aufnahmegerät in die Hand, in der ande- ren hält er einen Zettel mit seinen Notizen.
ff: Herr Oberhofer, lassen Sie uns doch einmal über die dunklen Ecken Ihrer Seele reden.
Artur Oberhofer: Nur zu! Ich werde sowieso ständig gefragt, woher meine Leidenschaft für Kriminalfälle rührt.
Und? Woher rührt diese Lust auf Mord?
Es ist nicht die Lust am Verbrechen, sondern die Lust am Erzählen. Mich faszinieren nicht die Verbrechen an sich, sondern die Menschen und die Lebensgeschichten dahinter. Das Spannende ist für mich die Suche nach der Wurzel des Bösen. Ich gehe vor wie ein Historiker – sammle die Fakten, trage alle Informationen zusammen und gieße es in ein Ganzes. Daraus entsteht ein Kriminalroman, mit dem Unterschied, dass Handlung und Protagonisten nicht erfunden sind.
Das Leben schreibt die besten Geschichten?
Absolut. Zum Beispiel der sogenannte Kettensägenmord. Wer bitte würde auf die Idee kommen, sich für einen Versicherungsbetrug das eigene Bein abzutrennen? Ein Schlüsselerlebnis für mich war aber sicherlich der Mordfall Wald- ner (Am 15. Februar 1997 wurde der ehemalige Parteivorsitzende der Freiheitlichen, Christian Waldner, ermordet. Fünf Tage später wurde Peter Paul Rainer verhaftet. Anm. d. Red.). Ich war damals in der Sturm-und-Drang-Zeit meines journalistischen Lebens, ich hatte den Eindruck, dass die Ermittler nicht die ganze Wahrheit sagen. Also habe ich mich in den Fall hineingebissen. Es war schon fast eine Art von Besessenheit.
„Klassische Täterprofile sind die Einzelgänger, die Kränkungen und Beleidi gungen aus gesetzt waren und plötzlich explodiert sind. Diese Typen machen mir manchmal Angst.“
Wie machte sich die Besessenheit bemerkbar?
Als Südtiroler Tageszeitung sind wir damals völlig gegen den Strom geschwommen. Die offizielle Wahrheit mit Peter Paul Rainer als Mörder hat uns nicht überzeugt. Ich bin mir sicher, dass nicht er der Mörder war. Dieser Fall hat uns als Zeitung Charakter gegeben. Als normale Zeitung hätten wir nicht überlebt. Im Nachhinein kann ich sagen: Unsere Parallelermittlungen waren hart an der Grenze des Verantwortbaren.
Warum aber haben Sie mit dem Schreiben von Mordbüchern angefangen?
Das Recherchieren für und dann das Schreiben an einem Buch ist purer Genuss für mich. Ich genieße den Tiefgang. Ich liebe meine journalistische Arbeit, oft aber hasse ich sie auch – wegen des mörderischen Tempos, das man als Tageszeitung jeden Tag gehen muss. Wenn man in Südtirol als David gegen Goliath überleben will, muss man funktionieren, um sein Leben schreiben. Dagegen ist das Schreiben von Büchern ein Ausgleich für mich. Ich schreibe mir bei einem Buchprojekt gewissermaßen den Kopf frei.
Wie bitte kann man sich bei Blut, Mord und Gewalt erholen?
So wie viele andere Menschen auch suche ich instinktiv die Nähe des Ungewöhnlichen. Auch in der Bibel geschieht schon im vierten Kapitel ein Mord. Bei Shakespeare wird gemordet. Uns faszinieren Menschen, bei denen das Böse durch- gebrochen ist, uns Menschen in Extremsitua- tionen. Ich gehe mit einer bestimmten Nüch- ternheit an die Arbeit, schaue mir die Fälle aus einer emotionalen Distanz heraus an. Ich fühle mich weder als Richter noch als Staatsanwalt. Ich will die Fälle einzig für mich persönlich klären. Ich habe den Mordfall Waldner für mich geklärt, ebenso den Fall Josef Steinkasserer, auch den Mord an Maria Weissteiner in Tulfer. Ich habe meinen inneren Frieden gefunden.
Trotzdem schreiben Sie in Ihrem jüngstenBuch, dass schlussendlich jedes der Opfer die Wahrheit mit ins Grab nimmt.
Mein Antrieb ist es, die große Wahrheit zu finden. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass es die endgültige Wahrheit nicht gibt und ich deswegen auch jedes Mal mit meinem Vorhaben scheitere. Dennoch: In den meisten Fällen glaube ich zu wissen, was passiert ist. Dann habe ich Ruhe.
Nach sieben Büchern sind Sie so was wie ein Mordexperte. Haben Sie eine Erklärung, warum Menschen töten? Wie jemand zum Mörder wird?
Aggressionstaten haben immer viele Ursachen und Wurzeln. Oft sind problematische Lebensgeschichten der zündende Faktor. Oft sind es Personen, die in einem zerrütteten Familien- kosmos aufgewachsen sind und emotionale Vernachlässigung erfahren haben. Oft sind es Traumatisierungen, soziale Kälte und Isolation. Klassische Täterprofile sind die Einzelgänger, die Kränkungen und Beleidigungen ausgesetzt waren und dann plötzlich explodiert sind. Diese Typen machen mir manchmal Angst. Das beste Bei- spiel ist der Fall Bergamo (Südtiroler Serienmör- der Marco Bergamo; ist seit 1994 hinter Gittern; soll fünf Frauen in Bozen ermordet haben; Anm. d. Red.). Bergamo war ein einsamer Wolf mit Selbst- wertzweifeln und Minderwertigkeitskomplexen. Bei sehr vielen Fällen trifft man auf Täter, die in ihrer Kindheit ausgeschlossen wurden, die mit dem Lebenstempo nicht Schritt halten konnten, sich minderwertig fühlten, gehänselt wurden. Der Druck, in der Schule, bei der Arbeit, in der Gesellschaft zu bestehen, ist heute oft mörderisch hoch. Viele Menschen bleiben auf der Strecke und werden so zu lebenden Zeitbomben.
Haben Sie sich schon mal dabei ertappt, Sympathie für einen Täter zu empfinden?
Ich habe vielleicht eine bestimmte Sensibilität entwickelt, weil ich selbst mit 18, 19 Jahren eine Lebenskrise hatte und am Abgrund gestanden bin. Seitdem weiß ich, dass oft kleinste Verhaltens- nuancen, ein bestimmtes Wort oder eine Gruppen- dynamik darüber entscheiden können, ob man die Kurve in ein normales Leben kratzen kann oder nicht. Bei vielen Verbrechern ist das ähnlich. Oft reicht ein kleiner Funke zur Explosion.
Ein konkretes Beispiel, bitte.
Der Kinderdorfmord im Jahr 1981 in Brixen. Ein junger Mann, Hubert Nagler, ermordete brutal die Kinderdorf-Mutter. Ebenso brutal aber ist seine Kindheitsgeschichte. Er ist in einem Biotop der Verrohung aufgewachsen, seine Mutter hat ihn wochenlang wegen Ungehorsam in den Ziegenstall eingesperrt, er musste aus dem Schweinetrog essen, und als er einmal in die Jauchegrube gefallen ist, zog ihn die Tante heraus, während seine Mutter nur zuschaute. Er erlebte also massive Ablehnung. Im Kinder- dorf bekam er dann eine neue Mutter. Als er ihr einmal den Arm um die Schulter legen wollte, wies sie ihn brüsk ab – da ist er dann explodiert. Das sind Fälle, wo ich das Verhalten des Täters nachvollziehen kann und so etwas wie Verständnis für ihn entwickle.
Was fühlen Sie bei so einer Geschichte?
Die erste Reaktion bei Tötungsdelikten ist: Man verspürt Abscheu. Das Böse ist bedrückend und bedrohlich. Aber wenn ich mir die Lebensge- schichte des Hubert Nagler vergegenwärtige, bekomme ich heute noch immer Gänsehaut. Solche seelischen Narben können nicht verheilen, für die kriminelle Katastrophe bedurfte es nur mehr des sprichwörtlichen Funkens.
„Der Schein ist in Südtirol immer noch oft wichtiger als das Sein. Diese Heuchelei, die bei vielen Kriminalfällen mitschwingt, ist unerträglich.“
Lauert in uns allen ein potenzieller Mörder?
Davon bin ich überzeugt. Bereits Immanuel Kant hat gesagt, dass wir alle als kriminelle Wesen auf die Welt kommen und erst durch die Erziehung sozialisiert werden. Wir kommen immer wieder drauf, dass Verbrecher eigentlich ganz normale Menschen sind. Klassisch ist das Reaktionsmuster: „Mah, dem hätte ich das nicht zugetraut.“ Eine große Rolle spielen die Prägungen und Traumen in der Kindheit – das sieht man bei den meisten Fällen. Man kann festhalten: Was kränkt, macht nicht nur krank, sondern auch kriminell.
Was erzählen uns all diese Morde über Südtirol?
Ich finde es schade, dass die authentischen Krimi- nalfälle gerne in die Schmuddelecke der Landes- geschichte gestellt werden. Wir Südtiroler neigen dazu, zu vergessen und zu verdrängen – das ist ein typischer Abwehrmechanismus für erzkonservative Länder. Das typische Südtiroler Verbrechen gibt es freilich nicht. Es gibt bei uns aber auffallend viele Beziehungs- und Verzweiflungstaten. Beispiel Fall Oberkofler (Paul Johann Oberkofler ging 2012 in Luttach mit Hammer und Ahle auf seine schlafende Frau los; Anm. d. Red.). Oder der Fall des Bank- beamten Werner Unterthiner, der 1996 seine Frau und die zwei Kinder ermordete.
Gibt es etwas, das allen Mördern gemein ist?
Es gibt sehr oft einen Leidensdruck, in der Gesellschaft etwas „darstellen“ zu müssen. Der Schein ist in Südtirol immer noch oft wichtiger als das Sein. Man darf keine psychischen Probleme haben, möglichst keine Macken, jeder in diesem Land giert nach gesellschaftlicher Akzeptanz, man darf keine Schwächen zeigen. Diese Heuchelei, die bei vielen Kriminalfällen mitschwingt, ist unerträglich.
Südtirol – ein idealer Nährboden für bestimmte Verbrechen?
Ich glaube schon. Weil der Schein so wichtig ist. Wenn zum Beispiel eine Familie nicht funktioniert oder gar zerbricht, dann ist das oftmals nicht so sehr eine persönliche Katastrophe, sondern für das soziale Umfeld – „Was werden wohl die Leute im Dorf sagen?“, das ist für viele das Wichtigste. Und das ist auch der Nährboden für besondere Taten. Der Mord von Tulfer ist bezeichnend. Sie beschreiben im Buch, dass jeder jeden unter Beobachtung hat in diesem kleinen Dorf … In so einem Dorf, wo seinerzeit mehr Kühe als Menschen gelebt haben, dürfte es den perfekten Mord nicht geben. Ich bin überzeugt, dass es Augen- und Ohrenzeugen gibt. Es ist bezeichnend, was eine Nachbarin zur Tochter der Ermordeten gesagt hat, nachdem diese mehrmals gefragt hat, ob sie denn wirklich nichts gesehen habe: „Diese Sachen soll man ruhen lassen.“ Das ist typisch südtirolerisch. Ja nichts aufrühren.
Rauben Ihnen solche Fälle den Schlaf?
Nein. Mein Fokus liegt ja nicht auf dem Verbre- chen an sich, ich sehe nicht das Blut. Ich begebe mich vielmehr auf eine Reise in die innere Welt des Mörders, aber auch in die Seele des Opfers. Das ist das Faszinierende. Das ist ein Privileg, denn ich kann damit direkt an großen Kriminal- fällen teilnehmen.
Was ist die Botschaft Ihrer Bücher?
In unserem Land hat wohl jedes Dorf eine schöne Dorfchronik. Es gibt aber auch die Schatten- seiten, die blutigen Seiten in unserer Geschichte. Diese sollte man nicht zudecken und nicht ver- drängen, weil sie oft mehr über den Charakter eines Volkes sagen als eine schöne Chronik. Mit meinen Büchern will ich meinen Teil dazu bei- tragen, dass man eben nicht vergisst. Dieses Land macht es einem oft nicht leicht, hier zu leben. Wir schauen nicht gerne über den Tellerrand, haben Angst vor dem Fremden. Das sieht man in der Flüchtlingskrise. Es ist uns noch nie so gut gegangen, trotzdem gibt es einen Zukunfts- pessimismus, den ich mir nicht erklären kann.
Welcher Mord hat Sie am meisten beeindruckt?
Der Fall Steinkasserer (1973 wurde im Widum von St. Gertraud in Ulten die Pfarrhaushälterin ermordet. Wenige Tage später wurde Pfarrer Josef Steinkasserer in Haft genommen; Anm. d. Red.). Dieser Fall sagt wahnsinnig viel über Land und Leute aus. Er zeigt, wie bieder und verlogen wir sind. Der Fall trieft nur so von Heuchelei und Scheinreligiosität. Ich bin überzeugt von Stein- kasserers Unschuld. Ich würde aber verstehen, wenn ein zweiter Pfarrer verwickelt gewesen wäre. Das würde einiges erklären. Der Mord im Ultner Widum wurde als Entweihung empfunden. Ein Sakrileg. Ein Geistlicher als Mörder? So etwas durfte und darf es nicht geben in Südtirol. Also verschlossen alle die Augen.
Gibt es den perfekten Mord?
Der Mordfall Waldner war nahezu perfekt. Peter Paul Rainer war sicher nicht der Täter. Das Ganze ist eine Geheimdienstgeschichte. Irgendwann wird jemand reden, und dann kommt die Wahrheit heraus. Davon bin ich überzeugt.
Niemand ist vor Wahnsinnstaten gefeit, auch Sie nicht. Wie würde Ihr perfekter Mord aussehen?
In einer Sauna jemanden mit einem Eiszapfen umbringen. Es gibt dann keine Mordwaffe mehr. Aber vielleicht sollte ich so sagen: Den perfekten Mord gibt es wohl eher nicht, dafür aber nicht perfekte Ermittler.
Klingt böse, wie Sie das sagen.
Ich schätze die Ermittler von früher sehr. Die hatten weder Handyortung noch DNA-Analysen. Heute ist ein perfekter Mord nahezu unmöglich.
Viele Ihrer Bücher sind Bestseller im Land. Was ist der Reiz?
Ein bisschen sind wir alle Voyeure. Wir alle haben das Bedürfnis, dem Unbegreiflichen ein Gesicht, dem Bösen einen Namen zu geben. Und ein bisschen sind diese Kriminalfälle auch oft ein Reiseführer. Zudem hat jeder einen persönlichen Zugang zu einem Fall. Man kennt den Nachbarn des Täters oder die Tante des Opfers, oft katapul- tieren uns diese Fälle in die eigene Jugend oder in eine bestimmte Lebensphase zurück.
Wie viele unaufgearbeitete Fälle liegen noch auf Ihrem Schreibtisch?
Viele. Zum Beispiel der Fall Fronthaler. Es war um Ostern 2000, als ein junger Mann, 18 Jahre alt, durch das Fenster bei Frau Fronthaler einsteigt, die 70-Jährige vergewaltigt und dann zu Tode trampelt. Ein ganz normaler Junge, ein verschlossener Typ, der in jener Nacht explodiert ist. Mittlerweile hat er die Matura nachgeholt, arbeitet, ist frei.
Interview: Alexandra Aschbacher
Der Südtiroler Kriminalist
Artur Oberhofer, Jahrgang 1966, ist so etwas wie ein Mordexperte. Der Journalist recherchiert und schreibt seit Jahren über die Verbrechen, Morde und Ermittlungen im Land. Vor knapp 20 Jahren schrieb er das erste Buch dazu – eine 500 Seiten starke Dokumentation zum Mord am Landtagsabgeordneten Christian Waldner. Es folgte Buch Nummer 2: „Franz Hosp – Der ehr liche Gauner“. Vor elf Jahren dann begründete er die Reihe „Die großen Kriminalfälle“ des 20. Jahrhunderts in Südtirol. Vor Kurzem erschien Band 7: „Der KettensägeMord. Der Mörder mit der Spitzhacke“. Oberhofer ist seit 2010 Chef redakteur der Neuen Südtiroler Tageszeitung.
Buchserie „Die großen Kriminalfälle“
Die großen Kriminalfälle X
edition AROB
Zwei junge Männer liefern sich in der Nacht auf den 8. Dezember 1991 ein wahnwitziges Autorennen auf der Strecke von Gargazon nach Bozen.
In der Romstraße kommt es zu einem Unfall. Und dann fällt ein Schuss …
Am 15. Mai 2001 erstattet Guido De Villa eine Vermisstenanzeige. Seine Schwester Michela De Villa ist seit 9. März 2001 verschwunden. Ihre Spuren verlieren sich in einem schmuddeligen Sexshop in Bozen. Wenige Wochen später wird auf einem Areal unweit des Bozner Flughafens eine Frauenleiche entdeckt. In einem Misthaufen.
Die großen Kriminalfälle IX
edition AROB
Am 12. Juni 1997 um 15.27 Uhr betritt ein vermummter Mann die Sparkassen-Filiale in der Gampenstraße in Meran. Er springt auf den Banktresen und feuert einen Warnschuss ab. Mit einer Beute von zehn Millionen Lire verlässt der Räuber kurz darauf die Bank. Ein Carabiniere, der sich zufällig in der Bank aufgehalten hat, nimmt die Verfolgung des Bankräubers auf. Kurz darauf fallen zwei Schüsse. Candeloro Zamperini liegt im Vorgarten eines Kondominiums in einer Blutlache. Was ist an jenem verhängnisvollen Juni-Tag in Untermais wirklich passiert? Wo hat sich der Bankräuber versteckt? Wer hat ihn „verraten“? Und: Wie steht Florian Egger heute zu seiner Tat?
Die großen Kriminalfälle VIII
edition AROB
Am 3. August 1974 wird in Tramin der Landwirt Walter Wenter mit starken Vergiftungserscheinungen in seinem Bett aufgefunden. Der 45-Jährige stirbt wenige Tage später im Krankenhaus von Bozen. Walter Wenters Lebensgefährtin Cäcilia Schwienbacher gerät unter dringenden Tatverdacht.
Am Ostermontag 2002 wird in Wahlen in der Gemeinde Toblach die Leiche von Maria Fronthaler aufgefunden. Die 74-Jährige wurde vergewaltigt und so lange mit Fußtritten traktiert, bis sie an einer Herzquetschung starb. Erstmals in der italienischen Kriminalgeschichte wird eine DNA-Rasterfahndung durchgeführt mit spektakulärem Ausgang.
Die großen Kriminalfälle VII
edition AROB
Am Morgen des 12. Oktober 1988 wird im Weiler Tulfer im Wipptal die Bäuerin Maria Weissteiner schwerverletzt aufgefunden. Die 68-Jährige stirbt wenige Stunden später. Die Bäuerin wurde mit einer Spitzhacke erschlagen. Der Fall scheint klar – ist allerdings bis heute ungeklärt.
Am Morgen des 28. November 2001 wird in einer Obstwiese in Marling die Leiche eines jungen Mannes aufgefunden: Andreas Plack, 23. Das linke Knie ist zerfetzt. Die Staatsanwaltschaft geht zunächst von einem Unfall aus. Doch schon bald wird klar: Die Ermittler haben es mit einem der spektakulärsten Fälle der Südtiroler Kriminalgeschichte zu tun.
Die großen Kriminalfälle VI
edition AROB
Am 3. Jänner 1985 wird die 15-jährige Schülerin Marcella Casagrande tot in ihrer Wohnung in Bozen aufgefunden. Wenige Monate später wird die 41-jährige Lehrerin und Prostituierte Anna Maria Cipoletti in ihrer Wohnung tot aufgefunden. Sieben Jahre später schlägt der Frauenmörder erneut zu: Im Jänner 1992 schlägt der Frauenmörder erneut zu. Das Opfer: Die 24-jährige Prostituierte, Renate Rauch. Und nur wenige Monate später wird in Atzwang bei Bozen, die Leiche der 18-jährigen Renate Troger aufgefunden. Ist Marco Bergamo, ein Fünffach-Mörder? Oder laufen die Mörder von Anna Maria Cipoletti und Renate Troger noch frei herum?
Die großen Kriminalfälle V
edition AROB
Am 3. Mai 1994 verabschiedet sich die 23-jährige Monika Mor von ihrem eineinhalbjährigen Sohn und fährt zur Arbeit. An der Kreuzung in Elvas lauert ihr Ex-Freund Thomas Göller. Im Handschuhfach seines Autos liegt ein Pistole. Kurz darauf fallen fünf Schüsse …
Der Mordfall Monika Mor war einer der spektakulärsten Kriminalfälle des 20. Jahrhunderts in Südtirol.
Weiters in Band V: Der Aufsehen erregende Mord an der Kinderdorf-Mutter Maria Moling am Gründonnerstag des Jahres 1982 im Kinderdorf Brixen, sowie zwei Eifersuchtsmorde in Meran und Bozen.
Die großen Kriminalfälle IV
edition AROB
Als drei Carabinieri-Beamte am 11. August 1950 um 05.00 Uhr früh den Tonicher-Stadel in Vals stürmen, richtet Guido Zingerle seine Pistole gegen die Eindringlinge. Doch die Waffe klemmt. Das „Ungeheuer von Tirol“ sitzt in der Falle. Artur Oberhofer rekonstruiert die Geschichte des Frauenmörders Guido Zingerle. Der Triebtäter lauerte seinen Opfern im Wald auf, verschleppte sie in Höhlen, vergewaltigte sie – und ließ die Frauen eines langsamen Todes sterben, indem er sie mit schweren Steinen zudeckte. Der Sexualmörders Guido Zingerle war der Inbegriff des Bösen, das sich im heiligen Land Tirol eingenistet hatte.
Die großen Kriminalfälle III
edition AROB
Drei Wochen lang hält der Serienkiller von Meran im Februar 1996 Land und Leute in Atem. Sechs Morde in 22 Tagen – nie zuvor hatte ein Serial Killer mit einer derartigen Frequenz zugeschlagen. Im dritten Band aus der Reihe „Die großen Kriminalfälle“ rekonstruiert Artur Oberhofer eine der spektakulärsten Mordserien des 20. Jahrhunderts in Südtirol, ja in Europa.
Des weiteren in dem Buch: Der Giftkrimi in Kaltern und der Doppelmord in Sterzing.
Die großen Kriminalfälle II
edition AROB
In der Nacht auf den 7. November 1973 wurde im Widum von St. Gertraud im Ultental die 64-jährige Pfarrhaushälterin Luise Fliri Platzgummer ermordet. Der Mord löste in der Südtiroler Öffentlichkeit und weit über die Grenzen hinaus großes Entsetzen aus. Der Mord hinter geweihten Mauern wurde im frommen Südtirol als Entweihung empfunden.
Ein Sakrileg. Wenige Tage nach der Bluttat von St. Gertraud wurde Pfarrer Josef Steinkasserer unter Mordverdacht in Haft genommen.
Ein Geistlicher als Mörder?
Die großen Kriminalfälle I
edition AROB
Es war der Krimi-Knüller des Jahres 2005: Im ersten Band der Reihe „Die großen Kriminalfälle” des 20. Jahrhunderts in Südtirol rekonstruiert Artur Oberhofer acht spektakuläre Verbrechen: Vom Bürgermeister-Mord in Kaltern (1946) über die Giftmorde von Klausen und St. Lorenzen in den 60er-Jahren bis hin zum Aufsehen erregenden Mädchen-Mord von Blumau (Fall Rosa Pichler, 1970).
Krimi-Spannung pur.
Das Buch „Die großen Kriminalfälle” ist in zweiter Auflage erschienen und war monatelang in den Südtiroler Bestsellerlisten.
Interview mit Artur Oberhofer
Keiner erzählt leidenschaftlicher vom Bösen als der Journalist und Buchautor Artur Oberhofer. Was die vielen Südtiroler Morde der Vergangenheit über Land und Leute aussagen, erklärt er im Gespräch mit dem Wochenmagazin „ff“.
Es ist erstaunlich. Trotz Kriegen und Krisen herrscht in Buchläden und Fernsehen das große Morden. Jede Stadt, jede Region hat mittlerweile ihren eigenen Krimi und auch Fernsehkommissar. Warum ist das so? Wir wollen über Morde reden – allerdings über jene, die es tatsächlich gegeben hat in unserem Land. Mit einem Mann, der sich seit Jahren damit beschäf- tigt. Vor Kurzem ist sein siebter Band über „Südti- rols große Kriminalfälle“ erschienen. Wir treffen uns mit Artur Oberhofer im Laurin-Café in Bozen. Der Lärmpegel ist hoch, Oberhofer nimmt kurzerhand das kleine Aufnahmegerät in die Hand, in der ande- ren hält er einen Zettel mit seinen Notizen.
ff: Herr Oberhofer, lassen Sie uns doch einmal über die dunklen Ecken Ihrer Seele reden.
Artur Oberhofer: Nur zu! Ich werde sowieso ständig gefragt, woher meine Leidenschaft für Kriminalfälle rührt.
Und? Woher rührt diese Lust auf Mord?
Es ist nicht die Lust am Verbrechen, sondern die Lust am Erzählen. Mich faszinieren nicht die Verbrechen an sich, sondern die Menschen und die Lebensgeschichten dahinter. Das Spannende ist für mich die Suche nach der Wurzel des Bösen. Ich gehe vor wie ein Historiker – sammle die Fakten, trage alle Informationen zusammen und gieße es in ein Ganzes. Daraus entsteht ein Kriminalroman, mit dem Unterschied, dass Handlung und Protagonisten nicht erfunden sind.
Das Leben schreibt die besten Geschichten?
Absolut. Zum Beispiel der sogenannte Kettensägenmord. Wer bitte würde auf die Idee kommen, sich für einen Versicherungsbetrug das eigene Bein abzutrennen? Ein Schlüsselerlebnis für mich war aber sicherlich der Mordfall Wald- ner (Am 15. Februar 1997 wurde der ehemalige Parteivorsitzende der Freiheitlichen, Christian Waldner, ermordet. Fünf Tage später wurde Peter Paul Rainer verhaftet. Anm. d. Red.). Ich war damals in der Sturm-und-Drang-Zeit meines journalistischen Lebens, ich hatte den Eindruck, dass die Ermittler nicht die ganze Wahrheit sagen. Also habe ich mich in den Fall hineingebissen. Es war schon fast eine Art von Besessenheit.
„Klassische Täterprofile sind die Einzelgänger, die Kränkungen und Beleidi gungen aus gesetzt waren und plötzlich explodiert sind. Diese Typen machen mir manchmal Angst.“
Wie machte sich die Besessenheit bemerkbar?
Als Südtiroler Tageszeitung sind wir damals völlig gegen den Strom geschwommen. Die offizielle Wahrheit mit Peter Paul Rainer als Mörder hat uns nicht überzeugt. Ich bin mir sicher, dass nicht er der Mörder war. Dieser Fall hat uns als Zeitung Charakter gegeben. Als normale Zeitung hätten wir nicht überlebt. Im Nachhinein kann ich sagen: Unsere Parallelermittlungen waren hart an der Grenze des Verantwortbaren.
Warum aber haben Sie mit dem Schreiben von Mordbüchern angefangen?
Das Recherchieren für und dann das Schreiben an einem Buch ist purer Genuss für mich. Ich genieße den Tiefgang. Ich liebe meine journalistische Arbeit, oft aber hasse ich sie auch – wegen des mörderischen Tempos, das man als Tageszeitung jeden Tag gehen muss. Wenn man in Südtirol als David gegen Goliath überleben will, muss man funktionieren, um sein Leben schreiben. Dagegen ist das Schreiben von Büchern ein Ausgleich für mich. Ich schreibe mir bei einem Buchprojekt gewissermaßen den Kopf frei.
Wie bitte kann man sich bei Blut, Mord und Gewalt erholen?
So wie viele andere Menschen auch suche ich instinktiv die Nähe des Ungewöhnlichen. Auch in der Bibel geschieht schon im vierten Kapitel ein Mord. Bei Shakespeare wird gemordet. Uns faszinieren Menschen, bei denen das Böse durch- gebrochen ist, uns Menschen in Extremsitua- tionen. Ich gehe mit einer bestimmten Nüch- ternheit an die Arbeit, schaue mir die Fälle aus einer emotionalen Distanz heraus an. Ich fühle mich weder als Richter noch als Staatsanwalt. Ich will die Fälle einzig für mich persönlich klären. Ich habe den Mordfall Waldner für mich geklärt, ebenso den Fall Josef Steinkasserer, auch den Mord an Maria Weissteiner in Tulfer. Ich habe meinen inneren Frieden gefunden.
Trotzdem schreiben Sie in Ihrem jüngstenBuch, dass schlussendlich jedes der Opfer die Wahrheit mit ins Grab nimmt.
Mein Antrieb ist es, die große Wahrheit zu finden. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass es die endgültige Wahrheit nicht gibt und ich deswegen auch jedes Mal mit meinem Vorhaben scheitere. Dennoch: In den meisten Fällen glaube ich zu wissen, was passiert ist. Dann habe ich Ruhe.
Nach sieben Büchern sind Sie so was wie ein Mordexperte. Haben Sie eine Erklärung, warum Menschen töten? Wie jemand zum Mörder wird?
Aggressionstaten haben immer viele Ursachen und Wurzeln. Oft sind problematische Lebensgeschichten der zündende Faktor. Oft sind es Personen, die in einem zerrütteten Familien- kosmos aufgewachsen sind und emotionale Vernachlässigung erfahren haben. Oft sind es Traumatisierungen, soziale Kälte und Isolation. Klassische Täterprofile sind die Einzelgänger, die Kränkungen und Beleidigungen ausgesetzt waren und dann plötzlich explodiert sind. Diese Typen machen mir manchmal Angst. Das beste Bei- spiel ist der Fall Bergamo (Südtiroler Serienmör- der Marco Bergamo; ist seit 1994 hinter Gittern; soll fünf Frauen in Bozen ermordet haben; Anm. d. Red.). Bergamo war ein einsamer Wolf mit Selbst- wertzweifeln und Minderwertigkeitskomplexen. Bei sehr vielen Fällen trifft man auf Täter, die in ihrer Kindheit ausgeschlossen wurden, die mit dem Lebenstempo nicht Schritt halten konnten, sich minderwertig fühlten, gehänselt wurden. Der Druck, in der Schule, bei der Arbeit, in der Gesellschaft zu bestehen, ist heute oft mörderisch hoch. Viele Menschen bleiben auf der Strecke und werden so zu lebenden Zeitbomben.
Haben Sie sich schon mal dabei ertappt, Sympathie für einen Täter zu empfinden?
Ich habe vielleicht eine bestimmte Sensibilität entwickelt, weil ich selbst mit 18, 19 Jahren eine Lebenskrise hatte und am Abgrund gestanden bin. Seitdem weiß ich, dass oft kleinste Verhaltens- nuancen, ein bestimmtes Wort oder eine Gruppen- dynamik darüber entscheiden können, ob man die Kurve in ein normales Leben kratzen kann oder nicht. Bei vielen Verbrechern ist das ähnlich. Oft reicht ein kleiner Funke zur Explosion.
Ein konkretes Beispiel, bitte.
Der Kinderdorfmord im Jahr 1981 in Brixen. Ein junger Mann, Hubert Nagler, ermordete brutal die Kinderdorf-Mutter. Ebenso brutal aber ist seine Kindheitsgeschichte. Er ist in einem Biotop der Verrohung aufgewachsen, seine Mutter hat ihn wochenlang wegen Ungehorsam in den Ziegenstall eingesperrt, er musste aus dem Schweinetrog essen, und als er einmal in die Jauchegrube gefallen ist, zog ihn die Tante heraus, während seine Mutter nur zuschaute. Er erlebte also massive Ablehnung. Im Kinder- dorf bekam er dann eine neue Mutter. Als er ihr einmal den Arm um die Schulter legen wollte, wies sie ihn brüsk ab – da ist er dann explodiert. Das sind Fälle, wo ich das Verhalten des Täters nachvollziehen kann und so etwas wie Verständnis für ihn entwickle.
Was fühlen Sie bei so einer Geschichte?
Die erste Reaktion bei Tötungsdelikten ist: Man verspürt Abscheu. Das Böse ist bedrückend und bedrohlich. Aber wenn ich mir die Lebensge- schichte des Hubert Nagler vergegenwärtige, bekomme ich heute noch immer Gänsehaut. Solche seelischen Narben können nicht verheilen, für die kriminelle Katastrophe bedurfte es nur mehr des sprichwörtlichen Funkens.
„Der Schein ist in Südtirol immer noch oft wichtiger als das Sein. Diese Heuchelei, die bei vielen Kriminalfällen mitschwingt, ist unerträglich.“
Lauert in uns allen ein potenzieller Mörder?
Davon bin ich überzeugt. Bereits Immanuel Kant hat gesagt, dass wir alle als kriminelle Wesen auf die Welt kommen und erst durch die Erziehung sozialisiert werden. Wir kommen immer wieder drauf, dass Verbrecher eigentlich ganz normale Menschen sind. Klassisch ist das Reaktionsmuster: „Mah, dem hätte ich das nicht zugetraut.“ Eine große Rolle spielen die Prägungen und Traumen in der Kindheit – das sieht man bei den meisten Fällen. Man kann festhalten: Was kränkt, macht nicht nur krank, sondern auch kriminell.
Was erzählen uns all diese Morde über Südtirol?
Ich finde es schade, dass die authentischen Krimi- nalfälle gerne in die Schmuddelecke der Landes- geschichte gestellt werden. Wir Südtiroler neigen dazu, zu vergessen und zu verdrängen – das ist ein typischer Abwehrmechanismus für erzkonservative Länder. Das typische Südtiroler Verbrechen gibt es freilich nicht. Es gibt bei uns aber auffallend viele Beziehungs- und Verzweiflungstaten. Beispiel Fall Oberkofler (Paul Johann Oberkofler ging 2012 in Luttach mit Hammer und Ahle auf seine schlafende Frau los; Anm. d. Red.). Oder der Fall des Bank- beamten Werner Unterthiner, der 1996 seine Frau und die zwei Kinder ermordete.
Gibt es etwas, das allen Mördern gemein ist?
Es gibt sehr oft einen Leidensdruck, in der Gesellschaft etwas „darstellen“ zu müssen. Der Schein ist in Südtirol immer noch oft wichtiger als das Sein. Man darf keine psychischen Probleme haben, möglichst keine Macken, jeder in diesem Land giert nach gesellschaftlicher Akzeptanz, man darf keine Schwächen zeigen. Diese Heuchelei, die bei vielen Kriminalfällen mitschwingt, ist unerträglich.
Südtirol – ein idealer Nährboden für bestimmte Verbrechen?
Ich glaube schon. Weil der Schein so wichtig ist. Wenn zum Beispiel eine Familie nicht funktioniert oder gar zerbricht, dann ist das oftmals nicht so sehr eine persönliche Katastrophe, sondern für das soziale Umfeld – „Was werden wohl die Leute im Dorf sagen?“, das ist für viele das Wichtigste. Und das ist auch der Nährboden für besondere Taten. Der Mord von Tulfer ist bezeichnend. Sie beschreiben im Buch, dass jeder jeden unter Beobachtung hat in diesem kleinen Dorf … In so einem Dorf, wo seinerzeit mehr Kühe als Menschen gelebt haben, dürfte es den perfekten Mord nicht geben. Ich bin überzeugt, dass es Augen- und Ohrenzeugen gibt. Es ist bezeichnend, was eine Nachbarin zur Tochter der Ermordeten gesagt hat, nachdem diese mehrmals gefragt hat, ob sie denn wirklich nichts gesehen habe: „Diese Sachen soll man ruhen lassen.“ Das ist typisch südtirolerisch. Ja nichts aufrühren.
Rauben Ihnen solche Fälle den Schlaf?
Nein. Mein Fokus liegt ja nicht auf dem Verbre- chen an sich, ich sehe nicht das Blut. Ich begebe mich vielmehr auf eine Reise in die innere Welt des Mörders, aber auch in die Seele des Opfers. Das ist das Faszinierende. Das ist ein Privileg, denn ich kann damit direkt an großen Kriminal- fällen teilnehmen.
Was ist die Botschaft Ihrer Bücher?
In unserem Land hat wohl jedes Dorf eine schöne Dorfchronik. Es gibt aber auch die Schatten- seiten, die blutigen Seiten in unserer Geschichte. Diese sollte man nicht zudecken und nicht ver- drängen, weil sie oft mehr über den Charakter eines Volkes sagen als eine schöne Chronik. Mit meinen Büchern will ich meinen Teil dazu bei- tragen, dass man eben nicht vergisst. Dieses Land macht es einem oft nicht leicht, hier zu leben. Wir schauen nicht gerne über den Tellerrand, haben Angst vor dem Fremden. Das sieht man in der Flüchtlingskrise. Es ist uns noch nie so gut gegangen, trotzdem gibt es einen Zukunfts- pessimismus, den ich mir nicht erklären kann.
Welcher Mord hat Sie am meisten beeindruckt?
Der Fall Steinkasserer (1973 wurde im Widum von St. Gertraud in Ulten die Pfarrhaushälterin ermordet. Wenige Tage später wurde Pfarrer Josef Steinkasserer in Haft genommen; Anm. d. Red.). Dieser Fall sagt wahnsinnig viel über Land und Leute aus. Er zeigt, wie bieder und verlogen wir sind. Der Fall trieft nur so von Heuchelei und Scheinreligiosität. Ich bin überzeugt von Stein- kasserers Unschuld. Ich würde aber verstehen, wenn ein zweiter Pfarrer verwickelt gewesen wäre. Das würde einiges erklären. Der Mord im Ultner Widum wurde als Entweihung empfunden. Ein Sakrileg. Ein Geistlicher als Mörder? So etwas durfte und darf es nicht geben in Südtirol. Also verschlossen alle die Augen.
Gibt es den perfekten Mord?
Der Mordfall Waldner war nahezu perfekt. Peter Paul Rainer war sicher nicht der Täter. Das Ganze ist eine Geheimdienstgeschichte. Irgendwann wird jemand reden, und dann kommt die Wahrheit heraus. Davon bin ich überzeugt.
Niemand ist vor Wahnsinnstaten gefeit, auch Sie nicht. Wie würde Ihr perfekter Mord aussehen?
In einer Sauna jemanden mit einem Eiszapfen umbringen. Es gibt dann keine Mordwaffe mehr. Aber vielleicht sollte ich so sagen: Den perfekten Mord gibt es wohl eher nicht, dafür aber nicht perfekte Ermittler.
Klingt böse, wie Sie das sagen.
Ich schätze die Ermittler von früher sehr. Die hatten weder Handyortung noch DNA-Analysen. Heute ist ein perfekter Mord nahezu unmöglich.
Viele Ihrer Bücher sind Bestseller im Land. Was ist der Reiz?
Ein bisschen sind wir alle Voyeure. Wir alle haben das Bedürfnis, dem Unbegreiflichen ein Gesicht, dem Bösen einen Namen zu geben. Und ein bisschen sind diese Kriminalfälle auch oft ein Reiseführer. Zudem hat jeder einen persönlichen Zugang zu einem Fall. Man kennt den Nachbarn des Täters oder die Tante des Opfers, oft katapul- tieren uns diese Fälle in die eigene Jugend oder in eine bestimmte Lebensphase zurück.
Wie viele unaufgearbeitete Fälle liegen noch auf Ihrem Schreibtisch?
Viele. Zum Beispiel der Fall Fronthaler. Es war um Ostern 2000, als ein junger Mann, 18 Jahre alt, durch das Fenster bei Frau Fronthaler einsteigt, die 70-Jährige vergewaltigt und dann zu Tode trampelt. Ein ganz normaler Junge, ein verschlossener Typ, der in jener Nacht explodiert ist. Mittlerweile hat er die Matura nachgeholt, arbeitet, ist frei.
Interview: Alexandra Aschbacher
Der Südtiroler Kriminalist
Artur Oberhofer, Jahrgang 1966, ist so etwas wie ein Mordexperte. Der Journalist recherchiert und schreibt seit Jahren über die Verbrechen, Morde und Ermittlungen im Land. Vor knapp 20 Jahren schrieb er das erste Buch dazu – eine 500 Seiten starke Dokumentation zum Mord am Landtagsabgeordneten Christian Waldner. Es folgte Buch Nummer 2: „Franz Hosp – Der ehr liche Gauner“. Vor elf Jahren dann begründete er die Reihe „Die großen Kriminalfälle“ des 20. Jahrhunderts in Südtirol. Vor Kurzem erschien Band 7: „Der KettensägeMord. Der Mörder mit der Spitzhacke“. Oberhofer ist seit 2010 Chef redakteur der Neuen Südtiroler Tageszeitung.
Buchserie „Die großen Kriminalfälle“
Die großen Kriminalfälle X
edition AROB
Zwei junge Männer liefern sich in der Nacht auf den 8. Dezember 1991 ein wahnwitziges Autorennen auf der Strecke von Gargazon nach Bozen.
In der Romstraße kommt es zu einem Unfall. Und dann fällt ein Schuss …
Am 15. Mai 2001 erstattet Guido De Villa eine Vermisstenanzeige. Seine Schwester Michela De Villa ist seit 9. März 2001 verschwunden. Ihre Spuren verlieren sich in einem schmuddeligen Sexshop in Bozen. Wenige Wochen später wird auf einem Areal unweit des Bozner Flughafens eine Frauenleiche entdeckt. In einem Misthaufen.
Die großen Kriminalfälle IX
edition AROB
Am 12. Juni 1997 um 15.27 Uhr betritt ein vermummter Mann die Sparkassen-Filiale in der Gampenstraße in Meran. Er springt auf den Banktresen und feuert einen Warnschuss ab. Mit einer Beute von zehn Millionen Lire verlässt der Räuber kurz darauf die Bank. Ein Carabiniere, der sich zufällig in der Bank aufgehalten hat, nimmt die Verfolgung des Bankräubers auf. Kurz darauf fallen zwei Schüsse. Candeloro Zamperini liegt im Vorgarten eines Kondominiums in einer Blutlache. Was ist an jenem verhängnisvollen Juni-Tag in Untermais wirklich passiert? Wo hat sich der Bankräuber versteckt? Wer hat ihn „verraten“? Und: Wie steht Florian Egger heute zu seiner Tat?
Die großen Kriminalfälle VIII
edition AROB
Am 3. August 1974 wird in Tramin der Landwirt Walter Wenter mit starken Vergiftungserscheinungen in seinem Bett aufgefunden. Der 45-Jährige stirbt wenige Tage später im Krankenhaus von Bozen. Walter Wenters Lebensgefährtin Cäcilia Schwienbacher gerät unter dringenden Tatverdacht.
Am Ostermontag 2002 wird in Wahlen in der Gemeinde Toblach die Leiche von Maria Fronthaler aufgefunden. Die 74-Jährige wurde vergewaltigt und so lange mit Fußtritten traktiert, bis sie an einer Herzquetschung starb. Erstmals in der italienischen Kriminalgeschichte wird eine DNA-Rasterfahndung durchgeführt mit spektakulärem Ausgang.
Die großen Kriminalfälle VII
edition AROB
Am Morgen des 12. Oktober 1988 wird im Weiler Tulfer im Wipptal die Bäuerin Maria Weissteiner schwerverletzt aufgefunden. Die 68-Jährige stirbt wenige Stunden später. Die Bäuerin wurde mit einer Spitzhacke erschlagen. Der Fall scheint klar – ist allerdings bis heute ungeklärt.
Am Morgen des 28. November 2001 wird in einer Obstwiese in Marling die Leiche eines jungen Mannes aufgefunden: Andreas Plack, 23. Das linke Knie ist zerfetzt. Die Staatsanwaltschaft geht zunächst von einem Unfall aus. Doch schon bald wird klar: Die Ermittler haben es mit einem der spektakulärsten Fälle der Südtiroler Kriminalgeschichte zu tun.
Die großen Kriminalfälle VI
edition AROB
Am 3. Jänner 1985 wird die 15-jährige Schülerin Marcella Casagrande tot in ihrer Wohnung in Bozen aufgefunden. Wenige Monate später wird die 41-jährige Lehrerin und Prostituierte Anna Maria Cipoletti in ihrer Wohnung tot aufgefunden. Sieben Jahre später schlägt der Frauenmörder erneut zu: Im Jänner 1992 schlägt der Frauenmörder erneut zu. Das Opfer: Die 24-jährige Prostituierte, Renate Rauch. Und nur wenige Monate später wird in Atzwang bei Bozen, die Leiche der 18-jährigen Renate Troger aufgefunden. Ist Marco Bergamo, ein Fünffach-Mörder? Oder laufen die Mörder von Anna Maria Cipoletti und Renate Troger noch frei herum?
Die großen Kriminalfälle V
edition AROB
Am 3. Mai 1994 verabschiedet sich die 23-jährige Monika Mor von ihrem eineinhalbjährigen Sohn und fährt zur Arbeit. An der Kreuzung in Elvas lauert ihr Ex-Freund Thomas Göller. Im Handschuhfach seines Autos liegt ein Pistole. Kurz darauf fallen fünf Schüsse …
Der Mordfall Monika Mor war einer der spektakulärsten Kriminalfälle des 20. Jahrhunderts in Südtirol.
Weiters in Band V: Der Aufsehen erregende Mord an der Kinderdorf-Mutter Maria Moling am Gründonnerstag des Jahres 1982 im Kinderdorf Brixen, sowie zwei Eifersuchtsmorde in Meran und Bozen.
Die großen Kriminalfälle IV
edition AROB
Als drei Carabinieri-Beamte am 11. August 1950 um 05.00 Uhr früh den Tonicher-Stadel in Vals stürmen, richtet Guido Zingerle seine Pistole gegen die Eindringlinge. Doch die Waffe klemmt. Das „Ungeheuer von Tirol“ sitzt in der Falle. Artur Oberhofer rekonstruiert die Geschichte des Frauenmörders Guido Zingerle. Der Triebtäter lauerte seinen Opfern im Wald auf, verschleppte sie in Höhlen, vergewaltigte sie – und ließ die Frauen eines langsamen Todes sterben, indem er sie mit schweren Steinen zudeckte. Der Sexualmörders Guido Zingerle war der Inbegriff des Bösen, das sich im heiligen Land Tirol eingenistet hatte.
Die großen Kriminalfälle III
edition AROB
Drei Wochen lang hält der Serienkiller von Meran im Februar 1996 Land und Leute in Atem. Sechs Morde in 22 Tagen – nie zuvor hatte ein Serial Killer mit einer derartigen Frequenz zugeschlagen. Im dritten Band aus der Reihe „Die großen Kriminalfälle“ rekonstruiert Artur Oberhofer eine der spektakulärsten Mordserien des 20. Jahrhunderts in Südtirol, ja in Europa.
Des weiteren in dem Buch: Der Giftkrimi in Kaltern und der Doppelmord in Sterzing.
Die großen Kriminalfälle II
edition AROB
In der Nacht auf den 7. November 1973 wurde im Widum von St. Gertraud im Ultental die 64-jährige Pfarrhaushälterin Luise Fliri Platzgummer ermordet. Der Mord löste in der Südtiroler Öffentlichkeit und weit über die Grenzen hinaus großes Entsetzen aus. Der Mord hinter geweihten Mauern wurde im frommen Südtirol als Entweihung empfunden.
Ein Sakrileg. Wenige Tage nach der Bluttat von St. Gertraud wurde Pfarrer Josef Steinkasserer unter Mordverdacht in Haft genommen.
Ein Geistlicher als Mörder?
Die großen Kriminalfälle I
edition AROB
Es war der Krimi-Knüller des Jahres 2005: Im ersten Band der Reihe „Die großen Kriminalfälle” des 20. Jahrhunderts in Südtirol rekonstruiert Artur Oberhofer acht spektakuläre Verbrechen: Vom Bürgermeister-Mord in Kaltern (1946) über die Giftmorde von Klausen und St. Lorenzen in den 60er-Jahren bis hin zum Aufsehen erregenden Mädchen-Mord von Blumau (Fall Rosa Pichler, 1970).
Krimi-Spannung pur.
Das Buch „Die großen Kriminalfälle” ist in zweiter Auflage erschienen und war monatelang in den Südtiroler Bestsellerlisten.
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